Diese 9 Netzwerke bringen Nachhaltigkeit richtig voran
Greenwashing ist in Zeiten von einem steigendem Klimabewusstsein leider kein seltenes Phänomen. Das geht auch anders: In diesen neun Initiativen engagieren sich Unternehmer:innen, die es mit gesellschaftlicher Verantwortung wirklich ernst meinen.
Mit dem Begriff “Greenwashing” wird der Versuch von Unternehmer:innen bezeichnet, ein besonders umweltfreundliches und verantwortungsvolles Image nach Außen hin zu schaffen, wenngleich es dafür keine wirkliche Grundlage gibt. Dies gelingt beispielsweise durch PR-Maßnahmen mit irreführenden Inhalten oder aber auch Geldspenden an ökologische Projekte, mit denen das eigene Gewissen “reingewaschen” und von den “schmutzigen” Unternehmenstätigkeiten abgelenkt werden soll. Gerade in den jetzigen Zeiten, in denen das Bewusstsein für den Klima- und Umweltschutz rapide zunimmt, mischen sich leider auch vermehrt Greenwashing-Anbieter:innen unter ernstzunehmende nachhaltige Unternehmen. Für uns Konsument:innen ist dabei nicht immer direkt erkennbar, wer es mit der gesellschaftlichen Verantwortung wirklich ernst meint. Um einen besseren Überblick über nachhaltige Unternehmen zu bekommen, gibt es glücklicherweise immer mehr Initiativen, die ernstzunehmende Angebote sammeln. Wir stellen dir 9 Initiativen vor, in denen sich Unternehmer:innen engagieren, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung mehr als bewusst sind. Darunter finden sich allen voran neue oder weniger bekannte Initiativen, die die Arbeit etablierter Akteure wie dem B.A.U.M. e.V., der sich bereits seit 1984 für umweltbewusstes Management engagiert, oder der Interessenverbände wie dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (ehemals unternehmensgrün) oder dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SENA), um neue Dimensionen bereichern.
Certified B Corporation
Die drängendsten Probleme unserer Zeit können nicht von Regierungen und gemeinnützigen Organisationen allein gelöst werden, auch private Unternehmen müssen mitziehen und die Kraft der Wirtschaft für das Gute nutzen. Die Initiative “Certified B Corporation” umfasst mehr als 4.000 Unternehmen aus über 150 Branchen aus der ganzen Welt, die sich ethisch zertifizieren lassen. Dabei wird in den Satzungen notariell verankert, dass Stakeholder-Interessen gleich wichtig bewertet werden wie die wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer:innen (Shareholder). Zertifizierte B-Corp-Unternehmen bringen also Zweck und Gewinn in Einklang und verpflichten sich, die Auswirkungen ihrer Unternehmensentscheidungen auf die Mitarbeiter:innen, Kund:innen, Lieferant:innen, Gesellschaft und Umwelt zu berücksichtigen. Besonders ist auch, dass nicht nur das das Produkt oder die Dienstleistung eines Unternehmens bewertet, sondern auch der positive Gesamteffekt des gesamten Unternehmens gewichtet wird. Die globale Initiative fand ihren Ursprung 2006 in den USA, wo drei Freunde schlichtweg genug hatten vom gierigen Streben nach Profitmaximierung großer Unternehmen. Während in den USA die bekannte Outdoor-Marke “Patagonia” bei der Entwicklung des Zertifizierungsprozesses mithalf, wirkten wir von “Gexsi” beim Aufbau des deutschen Chapters mit. Mittlerweile finden sich Ableger von “Certified B Corporation” in fast 80 Ländern weltweit.
Gemeinwohl-Ökonomie
Wie auch bei Certified B Corporation betrachtet die “Gemeinwohl-Ökonomie” (kurz GWÖ) das Unternehmen als Ganzes. Die Idee: Wenn nur einzelne Produkte oder interne Prozesse überprüft und zertifiziert werden, betrachtet man nur einen Teil des Unternehmens. Dadurch wird nicht ersichtlich, wie gut das Unternehmen in Hinblick auf die Governance, im Umgang mit den Mitarbeiter:innen, Umwelt und Gesellschaft aufgestellt ist. Mit der Gemeinwohl-Bilanz bekommen Verbraucher:innen einen guten Überblick darüber, inwieweit das Unternehmen positiv zum Gemeinwohl beiträgt. Über 500 Unternehmen haben sich bereits von der GWÖ zertifizieren lassen und haben damit das Wohl von Mensch und Umwelt zum obersten Ziel ihres Wirtschaftens erklärt. Die bürgerschaftliche GWO-Bewegung wurde 2010 in Österreich gegründet und breitet sich seither europaweit aus. Mittlerweile finden sich auch Akteure in lateinamerikanischen und afrikanischen Ländern sowie den USA.
«Unser jetziges Wirtschaftssystem steht auf dem Kopf. Das Geld ist zum Selbst-Zweck geworden, statt ein Mittel zu sein für das, was wirklich zählt: ein gutes Leben für alle.» Christian Felber, Mitinitiator und Autor des Buches „Gemeinwohl-Ökonomie“
Purpose Economy
Die “Purpose Economy” ist eine noch recht junge, aber umso wichtigere Initiative. Denn insbesondere in Deutschland gibt es keine Rechtsform für Unternehmen, die am Markt operieren und damit eine wirkungsorientierte Mission verfolgen. Die Purpose Foundation löst dieses Problem, indem sie Unternehmen anbietet, einen einzigen Anteil am Unternehmen zu erwerben und diesen mit einem Stimmrecht zu versehen, das einen “Mission Shift” verhindert. So dürfen Gewinne nicht mehr (ungedeckelt) an externe Investor:innen ausbezahlt werden. Das Unternehmen gehört quasi sich selbst, die Gründer:innen behalten die Kontrolle und geben sie später ihren Nachfolger:innen weiter, ohne finanziellen Exit. Hinter der Initiative “Purpose Economy” steckt ein internationales Team an Unternehmer:innen, Rechtsanwält:innen, Investor:innen, Psycholog:innen und Ökonom:innen, die seit der Gründung schon 100 Unternehmen bei der Transformation begleitet haben.
1% for the Planet
“1% for the Planet” ist ein globales Netzwerk von Menschen, Non-Profit-Organisationen und Unternehmen, die den Menschen und den Planeten über den Profit stellen. Das wird durch die beiden Mitgliedschaftsprogramme, die sich sowohl an Unternehmen als auch an Einzelpersonen richten, ermöglicht. Firmen, die dem Netzwerk beitreten, verpflichten sich einen Prozent ihres Bruttoumsatzes direkt an gemeinnützige Umweltorganisationen zu spenden. Infrage kommen dabei neben finanziellen Zuwendungen auch Sachspenden und Werbeunterstützung, damit die Arbeit der unterstützten Umweltorganisationen auch möglichst eine große Reichweite erfahren. Der Verband wurde 2002 von Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia, und Craig Mathews, Gründer von Blue Ribbon Flies, ins Leben gerufen, als die beiden beschlossen, einen Prozent ihrer Verkaufserlöse für den Umweltschutz zu spenden. Mittlerweile ist aus “1% for the Planet” eine globale Bewegung hervorgegangen, bei der über 250 Millionen Dollar in gemeinnützige Umweltlösungen investiert wurde.
Entrepreneur’s Pledge
Inspiriert von der philanthropischen Kampagne “The Giving Pledge”, die von den Milliardären Bill Gates und Warren Buffet gegründet wurde und reiche Menschen zum Spenden für das Gemeinwohl anregen soll, gründete sich der “Entrepreneur’s Pledge”. Hier stehen vor allem nachhaltig denkende und agierende Unternehmer:innen im Fokus. Als “Pledger” verpflichten sich die Entrepreneure mindestens ein Unternehmen zu gründen, dass einen positiven Impact auf ökologische und soziale Herausforderungen hat und 50 Prozent ihres Gewinns in die Förderung dieses Anliegens zu re-investieren. Mitmachen können lediglich Unternehmer:innen mit einer nachgewiesenen Erfolgsbilanz bei der Gründung eines Unternehmens mit mindestens $ 1 Mio. Umsatz oder mindestens 10 Mitarbeiter:innen. Außerdem muss jeder neue Pledger von 2 bestehenden Pledgern empfohlen werden.
Entrepreneurs for Future
Der Verband “Entrepreneurs for Future” geht von der Protestbewegung “Fridays for Future” von Greta Thunberg hervor. Hier versammeln sich Unternehmer:innen, die sich für eine klimafreundliche Wirtschaft einsetzen. Mehr als 5.000 Unternehmen haben die Stellungnahme bisher unterzeichnet, bei der eine Wirtschaft anvisiert wird, in der innovative Produkte, Technologien, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle eine zentrale Rolle spielen, um einen schnellen Klimaschutz voranzubringen. Neben der Stellungnahme, sind die Unternehmer:innen von dem Verband auch regelmäßig bei den Protesten von “Fridays for Future” anzutreffen. Neben den Schüler:innen und Student:innen protestieren sie dort für eine lebenswerte Zukunft.
We Declare A Climate Emergency
Am 8. Oktober 2018 veröffentlichte der Weltklimarat (im Englischen: IPCC) einen der wohl wichtigsten Berichte über den Stand der Klimawissenschaft. Demnach würde ein Anstieg der globalen Temperaturen von 1,5 Grad Celsius verheerende Folgen haben. Man müsse alles tun, um die Emissionen weiter zu begrenzen und das Ziel verfolgen bis 2030 CO2-frei zu sein. Auf der Website “We Declare A Climate Emergency” findet man Logos zum kostenlosen Download, mit denen man den eigenen Aktionen eine einheitliche Identität verleiht. Der Ausruf ist laut den Initiator:innen der erste Schritt, doch es dem müssten selbstverständlich auch Handlungen folgen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die Non-Profit-Organisation “Business Declares” vereint all jene Unternehmer:innen, die diesen zweiten Schritt auch gehen und für ein größeres Klima- und Umweltbewusstsein im Unternehmenssektor zu sensibilisieren.
Business Call to Action
Wie eingangs erwähnt, ist der Privatsektor ein zentraler Akteur, um Klima- und Umweltbelange zu erreichen. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (im Englischen: UNDP) bringt mit seiner Initiative “Business Call to Action” Unternehmen zusammen, die sich mit ihrem Engagement für das Erreichen der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung einsetzen. Besonders ist dabei, dass dabei lediglich integrative Unternehmen in der Initiative gewürdigt und gefördert werden, die Menschen in Märkten mit niedrigem und mittlerem Einkommen beschäftigen, diese als Teil des Kerngeschäfts in großem Umfang einbeziehen und so sicherstellen, dass sie auch profitieren.
Business Fights Poverty
Um den Wandel auf Systemebene vorantreiben zu können, muss man über die traditionellen Grenzen hinweg gehen und neue und kreative Wege finden, zusammenarbeiten. Wie schön, dass unsere Welt vernetzter denn je ist. “Business Fights Poverty” ist eine preisgekrönte global tätige Initiative, die sich ganz auf den sozialen Impact spezialisiert hat. Die Initiator:innen glauben an die Kraft der Wirtschaft, das Leben, den Lebensunterhalt und die Lernmöglichkeiten der am meisten gefährdeten Menschen und Gemeinschaften zu verbessern. Gemeinsam setzen sie sich für eine gerechte und resiliente Zukunft ein.
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